Halbwertszeiten

Halbwertszeiten als Nutzungsgrad von Porzellanformen


 

Unter Halbwertszeiten von Formen verstehen wir von Holst Porzellan die Verwendungsdauer als Zeitraum der jeweiligen Porzellanform. Dabei sind im wesentlichen voneinander zu unterscheiden:

  • Vorform (wird nach Erstellung der Mutterform nicht mehr gebraucht)
  • Mutterform (stellt einen hohen Wert dar)
  • Arbeitsformen (verschleißen i.d.R. während der Produktion)

 

Die Vorform hat nach Bestätigung des Nullmusters keine weiteren Funktionen zu erfüllen und bedarf daher in diesem Abschnitt keiner weiteren Erwähnung.

 


 

Haltbarkeit - Halbwertszeit von Mutterformen

 

(Mutterformen-Lager für die isostatische Porzellanherstellung)

Mutterformen - wie der Name schon sagt - sind die Mutter aller Formen. In der Porzellanindustrie dient die Mutterform zur Anfertigung der Arbeitsformen. Eine Mutterform ist bitte nicht zu verwechseln mit der Urform, die eine völlig andere Bedeutung hat und leider oft fälschlicherweise als Mutterform bezeichnet wird. Mutterformen werden aus langlebigen, belastbaren Materialien hergestellt, die sich möglichst wenig durch die Anfertigung von Arbeitsformen abnutzen.

I.d.R. werden Mutterformen daher aus Edelstahl oder Spezialkunststoffen als Positivform hergestellt. Sie werden aus dem Abdruck des Nullmusters angefertigt und in der traditionallen Porzellanherstellung vom Modelleinrichter mit höchster Präzision angefertigt. Leistet sich dieser Fehler bei der Umsetzung, kann es schnell zum Verlust der Gebrauchsfähigkeit des Porzellanartikels führen. Die Anfertigung einer Mutterform ist eine hohe und teure Kunst der Porzellanmacherei.

Bild: Schummelform aus Edelstahl

 

Mutterformen können viele Jahrzehnte überstehen, wenn sie trocken gelagert werden, bei richtiger Pflege und einer entsprechenden Organisation. In der deutschen Porzellanindustrie galt/gilt das Sprichwort: Der Formenpark ist das Kapital einer Fabrik. Diese Faustformel findet jedoch schnell ihr Ende, wenn sich z.B. die Rohstoffkomposition und damit der Schwindungsgrad oder der Maschinentyp zur Formgebung ändert. Solche Umstellungen machen schnell auch eine Mutterform wertlos. Das Bild oben zeigt eine Mutterform zur Herstellung von Arbeitsformen einer Cappuccino-Obertasse. Aufgenommen wurde dieses Bild in einer Produktion in China. Grundsätzlich ist dies nichts besonderes, wäre da nicht die eingeprägte Bodenmarke "Made in Italy". Diese Form stammt nicht (!) von Holst Porzellan.

Bei richtiger Pflege und Wartung kann eine Mutterform aus gehärtetem Edelstahl quasi unendlich viele Arbeitsformen herstellen. In der Porzellanindustrie werden bei der Angabe der Lebenszeit sehr unterschiedliche Werte genannt. Ob sich diese unterschiedlichen Angaben eher auf die physische Festigkeit oder auf andere Komponenten beziehen, hat sich uns bislang tatsächlich noch nicht erschlossen. Es kursieren Angaben zwischen einigen zehntausend (für Kunststoffformen) bis zu einigen Millionen (für gehärtete Stahlformen). Tatsächlich entscheiden nach unserer Auffassung eher betriebswirtschaftliche Gründe über die Angabe der Halbwertzeit einer Mutterform, da diese in vielen Ländern zum Anlagevermögen zählen und damit Einfluss auf die Bilanzsumme einer Fabrik nehmen. 

Jedes Anlagegut unterliegt in einem gewissen Zeitraum der Abschreibung. Sind die Mutterformen vollständig abgeschrieben, bilden sie einen Bestandteil der stillen Reserven. Was für ein Schindluder vielfach damit betrieben wird, möchten wir hier nicht weiter ausführen. Aber zusammen mit dem Echtgold (für Golddekore) machen sie einen erheblichen Teil einer "bilanziellen Flexibilität" aus, die einen großen Gestaltungsspielraum bieten. So jedenfalls konnten die Inhaber der Mitarbeiteraktien von Rosenthal beim Konkurs der AG seinerzeit nicht von dem Schatz der stillen Reserven partizipieren - aber das ist ein anderes Thema.

(Mutterform für Becherhenkel)

 

Eine Mutterform für die traditionelle Porzellanherstellung (Gießen, Pressen, Drehen, Rollen) kostet einen Bruchteil von dem einer Form für das isostatische Pressen. In Rang und Reihenfolge hier die Hitparade der Mutterform-Kosten:

  1. Kompletter Formensatz eines isostatischen Formensatz, z.B. für einen neuen Teller
  2. Austauschsatz-Werkzeug für ein isostatisches Formenoberteil, z.B. für ein neues Reliefmuster auf der Oberseite
  3. Austauschsatz-Werkzeug für ein isostatisches Formenunterteil, z.B. für eine neue Passform
  4. Formensatz für eine automatische Druckgusspresse
  5. Hochdruckpressform
  6. Gießform
  7. Überrollform
  8. Eindrehform

Zwischen Platz 1 und 8 liegen gut und gerne etwa 12.000 - 15.000,- EUR. Auch der Formenbau ist sehr unterschiedlich. Mehr.

 


 

Haltbarkeit - Halbwertszeit von Arbeitsformen

 

 

Arbeitsformen - in der konventionellen Porzellanherstellung meist aus Gips - übernehmen die Formgebung des Masse, also das eigentliche Herstellen des Porzellanartikels. Arbeitsformen werden aus den Mutterformen hergestellt und nutzen sich während der laufenden Produktion ab. Ihre Lebensdauer ist abhängig von der Qualität des Gips und der Kunstharzzusätze, von der Art des anzufertigenden Porzellanartikels und von den allgemeinen Produktionsbedingungen, also auch von der Luftfeuchtigkeit.

Bei einer Gipsform für Reliefartikel (siehe Bild oben, Deutschlandteller) beginnt der Ermüdungsprozess bereits nach etwa 50 Produktionsgängen. Wie oft eine Arbeitsform ausgetauscht wird, hängt davon ab, wie stark das Relief auf dem Porzellanteil ausgeprägt sein soll. Je filigraner die Ausführung des Reliefs, desto schneller ermüdet die Arbeitsform. So wird verständlich, dass Reliefporzellan in der konventionellen Porzellanherstellung grundsätzlich teurer sein muss als glatte Geschirrteile. Man spricht bei diesem Abnutzungsprozess vom "Formenverbrauch".

Die Arbeitsformen für das hydraulische Pressen werden aus Spezialkunststoff hergestellt. Die Aufgabe der hygroskopischen Eigenschaft von Gips - nämlich der Masse das Wasser zu entziehen - wird bei den Hochdruck-Pressformen durch den Druck des Pressstempels geleistet. Solche Kunststoffformen sind um ein Vielfaches langlebiger als Gipsformen und haben damit eine wesentlich längere Lebensdauer.

Die Lebensdauer und vor allem die notwendige Anzahl Arbeitsformen (Formenbesatz) für einen Porzellanartikel sind abhängig von der Produktionsart, dem Land, der Art des Geschirrs und anderen Komponenten. Bezüglich der Lebensdauer - also der Halbwertszeit - lassen sich keine allgemeingültigen Regeln ableiten. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle und müssen individuell kalkuliert werden. Dennoch haben wir uns bemüht, aus dem sehr unterschiedlichen Mix an Material- und Produktionsarten unseres Sortiments einen Durchschnitt über die Halbwertszeiten unserer Arbeitsformen zu bilden.

 

Produktionsart Ausbeute Stk. (*)
Eindrehen Gipsform 60 - 350
Überrollen (Gipsform) 80 - 150
Überrollen Relief (Gipsform) 40 - 60
Gießen (Gipsform) 40 - 100
Pressen (traditionell) 50 - 130
Pressen (maschinell) 5.000 - 20.000
Isostatisches Pressen 80.000 - 150.000

 

(*) circa-Angaben im Durchschnitt

 


 

 

Während die Hersteller in China vornehmlich daran interessiert sind, die Arbeitsformen vollständig aufzubrauchen - also abzunutzen -, lagern die meisten anderen Produktionsbetriebe - vor allem die mit einem hohen Formenbesatz in Taktstraßen - ihre Arbeitsformen, da diese i.d.R. für weitere Produktionszyklen verwendet werden können. Dies ist einer der Gründe für die Festlegung der sog. MOQ (Mindestbestellmenge).

 

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