Härte

Härteskala von Keramik und Porzellan

Um "Härte" für keramische Stoffe (hier Geschirr aus Porzellan und anderen Werkstoffen) zu definieren, bedarf es einen Einstieg in die Chemie und die Lehre der Materialwissenschaften. Als "Härte" bezeichnet man den mechanischen Widerstand eines Werkstoffs gegen das Eindringen eines anderen und gibt Aufschluss über seine Qualität und Resistenz. Härte gilt ferner auch als Maß für den Verschleiß und die Ermüdung eines Werkstoffes. Härte und ihre Prüfung sind Schwerpunkte der Materialwissenschaft und Festkörperphysik. Härte wird in Risszähigkeit gemessen und zählt damit eindeutig zu den Werkstoffeigenschaften.

Eine Härteprüfung von mineralischen Substanzen kann durch unterschiedliche Verfahren festgestellt werden. Wir stellen Ihnen die in der Materialwissenschaft anerkannten Verfahrenstechniken vor.

 

Härteprüfverfahren  Härtetyp               Prüfkörper Messparameter
Mohs Ritzhärte Skale von 10 Standardminieralien Ritzverletzung
Rosival Schleifhärte Schleifmittel Schleifverlust bis zur Unwirksamkeit des Schleifmittels
- Bohrhärte Diamantbohrer Eindringtiefe/-zeit
Brinell Eindruckhärte Stahl- oder Hartmetallkugel Prüfkraft / Eindruck - Oberfläche
Rockwell B Eindruckhärte Stahlkugel Prüfkraft / Eindringtiefe
Rockwell C Eindruckhärte Diamentkegel Prüfkraft / Eindringtiefe
Vickers Eindruckhärte tetragonale Diamantpyramide Prüfkraft / Eindruckdiagonale
Knoop Eindruckhärte rhombische Diamantpyramide Prüfkraft / Eindruckdiagonale

Quelle: Institut für Angewandte Geowissenschaften, Karlsruher Institut für Technologie (KIT-Campus Süd), Adenauerring 20b, D-76131 Karlsruhe

 


 

Anerkannt und vor allem in der Porzellan- und Keramikindustrie weitläufig umgesetzt wird eine Materialprüfung nach der Verfahrenstechnik des Friedrich Mohs (1773 bis 1839, Mineraloge und Geologe). Diese beruht auf der Erkenntnis, dass härtere Stoffe weichere Stoffe ritzen können. Die Härteskala des Friedrich Mohs ist eine "relative" Definition und weist dem Mineral keine exakten physikalische Werte zu wie z.B. Volt, Newton oder Lux. Die Härtescala bezieht sich auf eine verständliche, darstellbare Weichheit - oder eben Härte -, die ein Mineral bzw. ein mineralhaltiger Werkstoff aufweist. In der Darstellung keramischer Härten gilt die Angabe der "Mohsschen Härte" als anwendbare Bewertungsgröße und hat sich international durchgesetzt. Die Härte nach Mohs stellt damit ein signifikantes Qualitätsmerkmal von Porzellan und Keramik dar.

Die Erfassung und Darstellung der Härte nach Mohs erfolgte bis 2001 nach der Din-Norm DIN-EN-101. Dabei wurde die festgestellte Ritzhärte angegeben, also der Grad, bei dem die mineralische Oberfläche beschädigt wird. Tatsächlich aber entsprach diese Härte (8) nur einer Resistenz von 7. Diese Darstellung der Oberflächenhärte wurde im Jahr 2010 durch eine Neufassung der DIN-Norm angepasst und auf den Realwert der Oberflächenhärte umgestellt. Demnach wurde aus der "alten" Härte 8 nach der neuen DIN-Norm DIN-EN-15771 die neue Härte 7.

 

Die (erste) Härteskala nach Mohs

   Härte     Eigenschaft                                      Mineral        Vergleichbares keramisches Material (*)
1 mit dem Fingernagel schabbar Talk Keramische Masse im lederharten Zustand
2 mit dem Fingernagel ritzbar Gips Keramische Masse nach der Durchtrocknung
3 mit einer Kupfermünze ritzbar Calcit Keramische Masse nach dem Biskuitbrand
4 mit einer Stahlklinge leicht ritzbar Fluorit Ton und Ziegel nach dem Endbrand
5 mit einer Stahlklinge noch ritzbar Apatit ab 1.260 °C endgebrannte Keramik
6 mit einer Stahlfeile noch ritzbar Feldspat ab 1.300 °C endgebrannte Keramik
7 mit Fensterglas ritzbar Quarz ab 1.320 °C hochgebrannte Keramik
8 mit Quarzkristallen ritzbar Topas ab 1.450 °C hochgebrannte technische Keramik
9 mit Topas ritzbar Korund  
10   Diamant -------

Quelle: Institut für Angewandte Geowissenschaften, Karlsruher Institut für Technologie (KIT-Campus Süd), Adenauerring 20b, D-76131 Karlsruhe

 

 

Die aktuelle Härteskala nach Mohs (Stand 2011)

Härte Mineral Vergleichbares keramisches Material (*)
1 Talk Keramische Masse im lederharten Zustand
2 Gips Keramische Masse nach der Durchtrocknung
3 Calcit Keramische Masse nach dem Biskuitbrand
4 Fluorit Ton & Ziegel nach dem Endbrand
5 Apatit ab 1.260 °C endgebrannte Keramik
6 Feldspat ab 1.320 °C endgebrannte Keramik
7 Quarz ab 1.450 °C hochgebrannte technische Keramik
8 Topas  
9 Korund  
10 Diamant  

(Quelle: Universität Koblenz)

Entscheidend ist nicht die Temperatur des Erstbrandes (meist Biskuitbrand), sondern des Endbrandes (Glasurbrand), da die Oberflächenhärte des keramischen Körpers meist die Härte der Glasur und nicht die des Scherbens misst. Die Angabe des jeweils vergleichbaren keramischen Stoffes kann durch die Beigabe von Additiven (z.B. Alumina-Oxyd) geringfügig abweichen. Ferner können sich Unterschiede ergeben, ob der Glattbrand (Hartbrand) im Oxydationsverfahren oder Reduktionsverfahren erfolgt.

(*) Diese Skala basiert auf unseren Prüf- und Feststellungswerten und spiegelt das Ergebnis einer ständigen Erhebung wider, die wir seit dem Jahr 1993 vornehmen und berücksichtigt die Härteausbeuten von mehr als 400 Fabriken.

 


 

Die obige Skala des Friedrich Mohs stellt jedoch die erheblichen Unterschiede der Materialhärten nicht in ablesbaren Werten dar. Dafür besser geeignet wären die Härteskalen nach Stanley P. Rockwell (Rockwellbezeichnung/Rockwellhärte), oder die Rosivalhärte nach A. Rosival (Geophysiker und Mineralologe 1860 - 1923), die seit 1920 exaktere, ablesbare Angaben über die Härte eines Werkstoffes liefern, weil diese konkret definierte Feststellungsmethoden vorschreiben. Während Rockwell die Eindringtiefe eines Materials bei der Risszähigkeit berücksichtigt, misst Rosival den Massenverlust durch Belastung, indem er die "Schleifhärte" eines Wertstoffs ermittelt und den Gewichtsverlust eines Werkstoffes durch die Bearbeitung einer fest definierte Menge Schleifpulver in Zeit und Druck darstellt. (Quelle: Dr. med. vet. h.c. Hugo Freund, Universität Wetzlar).

Geschirr, sei es aus Porzellan oder anderen keramischen Güteklassen, unterliegt im täglichen Gebrauch - vor allem im gewerblichen Einsatz - mehr einer mechanischen Belastung (Verschleiß) durch das Spülen und Abstapeln, als dem vertikalen Eindringen von Fremdstoffen. Deshalb halten wir für eine Darstellung und Unterscheidung keramischer Härten die Rosival-Härte für am besten geeignet, um vor allem dem Laien eine verständliche und prägnante Bewertung der keramischen Härte zu bieten.

 

Die Härteskala nach Rosival

   Härte     Rosival-Härte        Mineral      Vergleichbares keramisches Material (*)
1 0,03 Talk Keramische Masse im lederharten Zustand
2 1,04 Gips Keramische Masse nach der Durchtrocknung
3 3,75 Calcit Keramische Masse nach dem Biskuitbrand
4 4,2 Fluorit Ton und Ziegel nach dem Endbrand
5 5,4 Apatit bis ca. 1.260 °C endgebrannte Keramik
6 30,8 Feldspat ab 1.320 °C endgebrannte Keramik
7 100 Quarz ab ca. 1.450 °C hochgebrannte technische Keramik
8 146 Topas  
9 833 Korund  
10  117.000 Diamant           -------

(Quelle: Institut für Geologie und Mineralogie, Universität zu Köln, Zülpicher Str. 49b, D-50674 Köln)

 

(*) Die Umrechnung des "vergleichbaren keramischen Materials" erfolgte nach derm Lehrbuch " Mineral- und Gesteinsbestimmung für Studierende der Geologie und der Mineralogie" des Instituts für Angewandte Geowissenschaften des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT-Campus Süd) Adenauerring 20b, D-76131 Karlsruhe​

 


 

Nach Rosival liegen also zwischen hochgebranntem Porzellan (30,8) und gewöhnlichem Steinzeug/Stoneware (4,2) 26,6 Rosival Härtegrade. Damit stellt Rosival dem Steinzeug eine 84,4% niedrigere Härte aus als dem hochgebranntem Hartporzellan. Selbst die zwischen 1.240 °C und 1.280 °C gebrannte Hartkeramik (Durable / New Bone China / Viterous) ist dem hartgebranntem Porzellan um 82,5% unterlegen. Setzt man diese Werte tabellarisch um, so ergibt sich folgendes Bild

Die Härteskala für Geschirr

Mohs (*) Rosival Verlust Vergleichbares keramisches Material (**)
6 30,8 0% ab ca. 1.320 °C endgebrannte Keramik
5 5,4 (minus 25,4) - 82,5% ab ca. 1.280 °C endgebrannte Keramik
4 4,2 (minus 26,6) - 86,4% bis ca. 1.240 °C endgebrannte Keramik

 

(*) Darstellung nach DIN-EN-15771 ab 2001.

(**) Die Umrechnung des "vergleichbaren keramischen Materials" erfolgte nach dem Lehrbuch " Mineral- und Gesteinsbestimmung für Studierende der Geologie und der Mineralogie" des Instituts für Angewandte Geowissenschaften des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT-Campus Süd), Adenauerring 20b, D-76131 Karlsruhe​, in Anlehnung an die Umsetzung nach DIN-EN-15771

 


 

Einwirkende Faktoren

Die Bestimmung von mineralischen Oberflächenhärten - egal welches Härteprüfverfahren angewendet wird - geht immer von einer einheitlichen Oberflächenstruktur aus. Produktionsbedingt entstehen aber auf den Oberflächen von Keramik und Porzellan oft sog. "Nadelstiche". Dazu lesen Sie auch unseren Beitrag "Fehler im Porzellan - Nadelstiche". Eine Norm bzw. Klassifizierung von Anzahl, Größe und Tiefe von Nadelstichen gibt es nicht. Dafür gilt aber die Faustformel: Je mehr und deutlicher Nadelstiche sichtbar sind, desto eher führen sie zu einer Verringerung der mineralischen Oberflächenhärte. Nur zu oft führt ein labortechnisches Prüfverfahren nach DIN-EN-15771 bei Porzellantellern zu einer Mohs'schen Härte von 5, obwohl nadelstichfreie Zonen der Glasur die Härte 6 aufweisen.

 


 

Ableitung und Fazit

Es mag mit Sicherheit richtig sein, dass aufgrund neuer Entwicklungen und Techniken die mineralische und chemische Zusammensetzung keramischer Massen von Hersteller zu Hersteller - oder auch von Land zu Land - voneinander abweichen. Es ist auch richtig, dass die Brennmethode (Monobrand vs. Biskuit- und Hartbrand) einen Einfluss auf die Menge und damit auch auf die Stärke der Glasur nimmt und damit den Faktor Korrosion verändert. Selbst wenn man zur Qualitätsbestimmung den ausgelobten, besonders haltbaren Geschirren (z.B. Durable / Fine China / Dynamite) eine Toleranz von 25% einräumt, verbleibt zwischen hochgebranntem Porzellan und sämtlichen anderen keramischen Stoffen, die unterhalb von 1.300 °C gebrannt werden, immer noch ein Qualitätsunterschied von mindestens 20%.

 

Genau das macht den Unterschied!

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